Multi-adaptive optics Imaging CAmera for Deep Observations

Die Multi-adaptive optics Imaging CAmera for Deep Observations (MICADO) wird das Erst-Licht-Instrument für das Extremely Large Telescope der Europäischen Südsternwarte sein, welches zurzeit am Cerro Armazones in Chile errichtet wird und mit 39m Durchmesser das größte optische Teleskop der Welt sein wird.

Abbildung 1: MICADO stand-alone-Modus

MICADO wird direkt an das ELT angeschlossen mithilfe einer temporären Relay-Optik. Credit: MPE

MICADO wird von einem großen Konsortium von Partnerinstituten in Deutschland, Österreich, Frankreich, den Niederlanden, Italien und Finnland gebaut, unter der Führung des Max-Planck-Instituts für Extraterrestrische Physik (MPE MICADO). MICADO wird das ELT mit der Fähigkeit ausstatten, diffraktionslimitierte Aufnahmen des Kosmos bei Wellenlängen im nahen infraroten Bereich aufzunehmen. MICADO kann entweder in Kombination mit dem Multi-conjugate adaptive Optics Relay For ELT Observation (MORFEO) operieren, welches vom MORFEO-Konsortium gebaut wird, oder mit dem Single-Conjugate natural guide star Adaptive Optics system (SCAO). Letzteres ist ein gemeinsames Projekt der MICADO- und MORFEO-Teams. SCAO can im sogenannten stand-alone-Modus verwendet werden, in welchem es direkt ein Interface zwischen MICADO und dem ELT herstellt, mithilfe eine terporär installierter Relay-Optik. Die rechte Grafik zeigt ein 3D-Modell von MICADO, montiert auf der Nasmyth-Plattform des ELT im stand-alone-Modus. Weiter unten finden Sie auch eine Grafik die MICADO in Kombination mit MORFEO zeigt.

Wesentliche Ziele, die das MICADO-Design verwirklicht, sind eine hohe Auflösung, eine hohe Detektorsensitivität, präzise Astrometrie und eine breite spektroskopische Wellenlängenabdeckung. Dadurch entsteht eine große Zahl wissentschaftlicher Einsatzmöglichkeiten. Folgendes werden die wissenschauftlichen Hauptanwendungsgebiete von MICADO sein:The main drivers for the MICADO instrument design are sensitivity, resolution, precision astrometry, and wide wave-length coverage spectroscopy. These capabilities will allow for a large number of science topics to be adressed. The five main science drivers are covering the following themes:

  • Galaxienentwicklung bei hohen Rotverschiebungen (d.h. im frühen Universum)
  • Studium schwarzer Löcher in den Zentren von Galaxien (inklusive der Milchstraße)
  • Studium von Sternen Populationen (inkl. Photometrie in Galaxiekernen, Massenverteilung in jungen Sternhaufen, schwarze Löcher mittlerer Masse in Kugelsternhaufen)
  • Koronographische Aufnahmen (z.B. zum Studium von Exo-Planeten)
  • Erforschung unseres Sonnensystems.

Abbildung 2: MICADO in Kombination mit MORFEO

Im finalen Setup wird MICADO kombiniert mit MORFEO auf der Nasmyth-Plattform installiert. Credit: MPE

Um diese wissenschaftlichen Ziele zu erreichen kann MICADO in vier verschiedenen Beobachtungsmodi im Wellenlängenbereich von 0.8-2.4 micrometern betrieben werden.

  • Standard Imaging: Winkelauflösung von 4mas/pixel bis macimal 1.5 mas/pixel,
  • Astrometric Imaging: gleiche Auflösung wie Standard Imaging aber mit spezieller Kalibration, welche eine astrometrische Präzision von 50 microarcsec / pixel ermöglicht,
  • Koronographisches Imaging: Koronographische Aufnahmen in der Fokalebene und in der Pupillenebene,
  • (Spalt-)Spektroskopie: R~10000, Spaltbreite 16mas + 48mas, Spaltlänge 4 arcsec sowie langer Spalt (20 arcsec, nur im K-Band).

Abbildung 3: MICADO Funktionsdiagramm

MICADO zusammen mit SCAO, Relay-Optik und Kalibrationseinheit. Credit: R. Davies (MPE)

Der MICADO-Kryostat (siehe Abbildung 3) beinhaltet jene Komponenten des Instruments, welche im Vacuum und bei niedrigen Temperaturen (82K) betrieben werden müssen. Dieser kryogene Teil von MICADO besteht aus einer Supportstruktur, auf der das Detektorarray sowie die festen und beweglichen Teile der Optik montiert sind. Auch die Mechanismen zum Wechsel zwischen optischen Filtern, koronographischen Masken oder spektrometrischen Spalten befinden sich im Inneren des Kryostat. Ein kryogenischer Auswahlmechanismus, der sogenannte Main Selection Mechanism (MSM), wird auserdem in inneren des Kryostat installiert um verschiedene optische Elemente in den Hauptstrahl zu lenken und somit zwischen verschiedenen Beobachtungsmodi zu wechseln.

Innerhalb des MICADO-Projekts zeichnen USM Wissenschaftler für folgende Arbeitspakete verantwortlich.

  • Mechanik and Optik: Entwicklung des MICADO Hauptauswahlmechanismus, inklusive zukühlender Optik (A. Monna, J. Lange, Frank Grupp),
  • Software: Entwicklung der high- und low- level Instrument Control Software (M. Wegner, J. Schlichter) und der Cryostat Control Software (S. Annadevara, H. Kellermann),
  • Electronik: Entwicklung von 4 (der insgesamt 12) Instrument Electronic Cabinets (H.J. Hess, H. Kravkar).

Mechanik und Optik

Figure 4: HAM Montagedesign

Der Hauptauswahlmechanismus (Main Selection Mechanism, MSM) besteht aus einer Montagesupportstruktur (Support Structure I-IV), welche u.a. die Rotationsplattform (RP) und das electronics board beherbergt. Die Sub-Systeme LRI (Low Resolution Imager), SPE (Spektrograph) and PIM (Pupil Imager) des Cold Optics Instrument (COI) befinden sich auf der RP, welche durch kleine, auf der Supportstruktur installierte Lager.

Der MICADO Hauptauswahlmechanismus (Main Selection Mechanism, MSM) erlaubt den Wechsel zwischen verschiedenen Beobachtungsmodi indem er verschiedene optische Elemente innerhalb des MICADO-Kryostats in den optischen Pfad des Instruments lenkt.

Der MSM besteht aus einer Rotationsplattform, Haltestrukturen, motoren, sensoren und einem Kabelbaum (siehe das 3D-Modell in Abbildung 4). Die Rotationsplattform wird mithilfe eines Schrittmotors bewegt. Ein Einrastmechanismus stellt dabei sicher, dass die verschiedenen Module stets eine identische Position innerhalb des optischen Stahls einnehmen. Da alle Teile des Mechanismus innerhalb des Kryostats betrieben werden, müssen adäquate Materialien für alle Komponenten verwendet werden um die angestebte Performanz und Lebensdauer zu erzielen.

Unser Team an der USM ist auch verantwortlich für folgende optische Elemente, welche sich auf der Rotationsplattform befinden.

  • Low Resolution Imager: zwei flache Spiegel,
  • Spektrometer: zwei optische Gitter,
  • Pupil viewer: zwei flache Spiegel und eine Linse.

Der MSM hat insgesamt einen Durchmesser von circa 1300 mm eine Höhe von circa 350mm. Das Gesamtgewicht beträgt in etwa 90kg.

Instrumentenkontroll- und Beobachtungsvorbereitungssoftware

Abbildung 5: MICADO-Softwarearchitektur

MICADO-Softwarearchitektur mit Komponenten und ihren gegenseitigen Abhängigkeiten im Kontext des allgemeinen ESO-Kontrollsystems. Komponenten, deren Implementierung ganz oder teilweise in der Verantwortung der USM-Instrumentengruppe erfolgt, sind farblich entsprechend hervorgehoben.

Die Beobachtungsvorbereitung und -steuerung einschließlich der direkten MICADO-Hardwarekontrolle erfordern verschiedene Tools, die sich alle in das Gesamtsystem der ESO-Software einpassen müssen. Daraus ergibt sich eine Architektur aus generischen Subsystemen und Komponenten, die jeweils auf die instrumentenspezifischen Funktionen zugeschnitten sind. Während die MICADO-Instrumentenkontrollsoftware auf einem ESO-Framework basiert, handelt es sich bei der Beobachtungsvorbereitungssoftware um eine Kombination aus ESOs Standard-Webanwendung und MICADO-spezifischen Microservices. In beiden Fällen ist die USM-Instrumentengruppe für die Implementierung der speziellen Funktionalität ganz oder teilweise verantwortlich (Abb. 5).

Zweck der Observation-Preparation-Software ist die Definition sogenannter Observation-Blocks unter Berücksichtigung der jeweils erforderlichen Teleskop- und Instrumentenkonfiguration. Im Fall von MICADO beinhaltet das vor allem die manuelle oder automatische Auswahl von Guide-Sternen für die Adaptive Optik sowie die Festlegung verschiedener Teleskopsequenzen zur lückenlosen Abdeckung des Bildausschnitts, wobei diese mit den ausgewählten Guide-Sternen kompatibel sein müssen.

Bei den MICADO-Templates handelt es sich um kleine funktionelle Einheiten, die jeweils Teile eines Observation-Blocks ausführen und als Python-Scripte implementiert werden. Benutzer tragen dort die speziellen Instrumentenparameter während der Beobachtungsvorbereitung ein.

Das Observation-Coordination-System synchronisiert alle Software-Subsysteme in MICADO, die an einer Beobachtung beteiligt sind. Darüber hinaus ist es auch verantwortlich für die Erstellung der finale Datenprodukte einer Beobachtung (sog. FITS-Files), die dann ans ESO Science-Archiv weitergereicht werden.

Die Kontrolle der zahlreichen Hardware-Devices in MICADO (z.B. Filterräder, Tracking-Motoren, Lampen, Shutter, ...) erfolgt durch das sog. Function-Control-System. Dieses ist in zwei verschiedenen Hierarchie-Ebenen implementiert: Eine untere Schicht läuft auf einer Anzahl von SPS-Computern und verfügt deshalb über Real-Time-Funktionalität; sie ist in Structured Text (eine der IEC 61131-3 SPS-Programmiersprachen) implementiert. Eine darüberliegende Schicht auf der Instrument Workstation (implementiert in C++) ist verantwortlich für die Synchronisation der SPS-Software und für die Integration der Hardware-Kontrolle in die übrige MICADO Software-Landschaft.

Echtzeitdaten der Detektoren lassen sich mit Hilfe grafischer Benutzeroberflächen visualisieren, die auf der Basis des Data-Display-Tools entwickelt werden.

Schließlich ermöglicht das MORFEO-Interface als speziell entwickelte Schnittstelle eine beschränkte Kontrolle des AO-Systems, wobei der Schwerpunkt auf einer möglichst losen Kopplung liegt.